„Anna und Arthur halten`s Maul“-auch als ZeugInnen!

Um den Repressionsorganen des Staates keinen Einblick in die eigenen Strukturen zu gewähren und sich selbst und andere vor Repression zu schützen, gilt in der Linken seit Langem strömungsübergreifend das „Anna und Arthur halten’s Maul“-Prinzip.
Dennoch geschieht es immer wieder, dass Menschen bei der Polizei Aussagen machen, um entweder ihre eigene ›Unschuld‹ zu beweisen oder weil sie eingeschüchtert sind. Auch bei der Staatsanwaltschaft wird geredet, vor Gerichten werden Zeugenaussagen gemacht … Gefördert wird ein solches Verhalten von Gruppen die einen »kreativen Umgang mit Polizei und Justiz« propagieren und damit von Repression Betroffenen das Gefühl vermitteln, die Polizei mit harmlosen Aussagen im Verhör ›austricksen‹ zu können.

Aber: Es gibt keine ›harmlosen‹ Aussagen!

Jede Äußerung hilft der Polizei bei ihren Ermittlungen, entweder gegen dich oder gegen andere. Scheinbar ›entlastende‹ Aussagen können entweder andere belasten, oder der Polizei Tipps geben, nach weiteren Beweisen gegen dich zu suchen oder sie zu erfinden.

Deshalb: Bei Polizei und Staatsanwaltschaft konsequente Aussageverweigerung!

Unser Genosse K. war noch nicht lange im linken politischen Spektrum aktiv, als er sich an einer Demo gegen Naziterror beteiligte. Nur wenige Wochen später erhielt er eine schriftliche Vorladung der Polizei. Er wurde aufgefordert, in einem Strafverfahren gegen einen anderen Genossen als Zeuge auszusagen. Diesem Genossen wurde vorgeworfen, sich bei der Demo mit einer Transparentstange gegen einen Polizeiangriff verteidigt zu haben.
Leider besprach K. die Vorladung weder mit uns noch meldete er sich bei der „Roten Hilfe“ oder einem Anwalt, sondern ging unvorbereitet zur Vernehmung und machte dort auch eine Aussage. Dabei belastete er zwar niemanden. Er bestätigte der Polizei aber u.a., dass unser Genosse an der Demo teilgenommen und dabei auch ein Transparent getragen hat. Erst als K. eine Vorladung zur gerichtlichen Hauptverhandlung gegen unseren Genossen erhalten hatte, informierte er uns, schaltete einen Anwalt ein, berief sich nach dessen Rat auf sein Auskunftsverweigerungsrecht und beantragte Unterstützung durch die „Rote Hilfe“.
Da Genosse K. gegen das „Anna und Arthur halten’s Maul“-Prinzip verstoßen hat, kann er von der „Roten Hilfe“ als Organisation keine Unterstützung erhalten.
Als Ortsgruppe der „Roten Hilfe“ sind wir dennoch solidarisch mit ihm. Wir glauben ihm, wenn er sagt, er habe angenommen, mit seiner Aussage niemandem zu schaden. Und wir halten ihm seine Unerfahrenheit und seine Bereitschaft, vor Gericht keine Aussage zu machen, zu Gute. Wir haben ihm aber deutlich gesagt, dass er sich falsch verhalten hat. Allein schon die Mitteilung, dass der Genosse, gegen den die Polizei ermittelte, an der besagten Demo teilgenommen hat, hätte ein wichtiges Indiz in der Beweisführung gegen diesen Genossen sein können. Vielleicht hatte die Polizei bis dahin ja nur den Verdacht, aber kein sicheres, beweisbares Wissen darüber, dass unser Genosse der gesuchte „Täter“ war?!
Wir haben ihm auch gesagt, dass er als Zeuge weder verpflichtet ist, polizeilichen Vorladungen Folge zu leisten noch dort Aussagen zu machen. Die Staatsanwaltschaft kann zwar erzwingen, dass Zeugen zur Vernehmung erscheinen, hat aber keine Sanktionsmöglichkeiten, wenn diese zur Sache schweigen. Nur bei Aussageverweigerung vor Gericht droht Zeugen theoretisch Beugehaft von bis zu 6 Monaten; praktisch wurde von dieser Sanktionsmöglichkeit bisher aber nur Gebrauch gemacht, wenn in Strafverfahren hohe Freiheitsstrafen drohten. Grundsätzlich ist es daher auch für Zeugen relativ risikolos, die Aussage zu verweigern.
Auch unserem Genossen K. ist jetzt klar: „Anna und Arthur halten’s Maul“! Und er weiß nun, dass Solidarität nur funktionieren kann, wenn die Gruppe über Strafverfahren, die die politische Arbeit betreffen, sofort informiert wird und ein Anwalt und die „Rote Hilfe“ eingeschalten werden.

Spenden für die Anwaltskosten unseres Genossen können unter dem Zahlungsgrund „Aussageverweigerung“ auf das Konto des „Rote Hilfe e.V. – Ortsgruppe Königs Wusterhausen“ Nr. 4007238318 bei der GLS-Bank, BLZ: 43060967 überwiesen werden.