Keine Tritte gegen Polizisten: Gericht wies den Vorwurf des Landfriedensbruchs zurück

Wir zitieren einen Artikel aus dem ND vom 3./4.11.2012 Autor: Sven Kames:
„Keine Tritte gegen Polizisten: Gericht wies den Vorwurf des Landfriedensbruchs zurück
Von Sven Kames  (ND vom 3.11.2012)

Späte Genugtuung für drei Berliner Antifaschisten: Am Freitag hat das Landgericht Potsdam die Berufungsverhandlung gegen sie eingestellt. Es ging um die Blockade eine Neonaziaufmarschs am 5. Dezember 2009 in Königs Wusterhausen.
Den Angeklagten war Landfriedensbruch vorgeworfen worden. Sie hätten sich, so die Anschuldigung, bei der polizeilichen Räumung der Sitzblockade nicht friedlich verhalten und sogar Polizisten getreten. Nachdem das Gericht vor dem Beginn der Verhandlung in Potsdam Videoaufnahmen des Geschehens in Augenschein nahm, war klar, dass die Vorwürfe nicht haltbar waren. Die Verhandlung selbst dauerte gerade einmal eine Minute: Die Staatsanwaltschaft zog die von ihr selbst eingelegte Berufung zurück, es folgte die Einstellung des Verfahrens. Die Kosten trägt die Staatskasse.
Der Freispruch der Angeklagten in der ersten Instanz – vor dem Amtsgericht in Königs Wusterhausen – ist damit rechtskräftig geworden. Schon am Amtsgericht waren die Videosequenzen bekannt. Es gab Aufnahmen aus mehreren Kameraperspektiven, allesamt angefertigt von Dokumentationsteams der Polizei. Die Bilder widerlegten die belastenden
Aussagen von Berliner Polizisten, die als Zeugen gehört wurden. Die Angaben der Beamten seien »nicht mit den objektiven Geschehnissen in Übereinstimmung« zu bringen, meinte das Amtsgericht.
Einer der Angeklagten war Markus Tervooren, Geschäftsführer der der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (WN- BdA). Der 49-Jährige zeigte sich erleichtert über den Ausgang des Verfahrens.-Dabei meinte er: »Ich war ohnehin erstaunt, dass es zu der Berufung gekommen ist, wo doch die Belastungszeugen so offenkundig gelogen hatten.«  Für Tervooren ist klar: »Bei der nächsten Blockade werden wir
wieder dabei sein.« Stephan Schräge, Rechtsanwalt eines anderen Angeklagten, kommentierte: »Verschiedene Innenminister warnen derzeit vor dem bewaffneten Neonaziuntergrund, der in Deutschland existiert. Mit diesem Hintergrundwissen ist es für mich absurd, den Verfolgungswillen der Behörden gegen Menschen zu beobachten, die sich friedlich den Helfern der Mörderbanden in den Weg gestellt haben.« Anstelle von Ermittlungsverfahren, sollte es gesellschaftliche Anerkennung für solches Engagement geben, sagte Schräge.
Im Dezember 2009 hatten rund 650 Menschen gegen etwa 280 Neonazis aus dem Spektrum der »Freien Kameradschaften« demonstriert. Die zeitweilige Blockade war von der Polizei gewaltsam aufgelöst worden. Dabei ereigneten sich die Vorfälle, auf denen der Prozess basierte.
Im gleichen Zusammenhang war Hans Coppi, dem Landesvorsitzenden der Berliner VVN-BdA, vorgeworfen worden, er habe versucht, mit einer Fahnenstange auf Polizisten einzuschlagen. Im Jahr 2010 hatte das Amtsgericht Königs Wusterhausen das Verfahren gegen Hans Coppi eingestellt – gegen eine Geldbuße von 500 Euro, zu zahlen an das Königs Wusterhausener Bündnis gegen Rechts, womit Coppi durchaus einverstanden war.“