Im Gefängnis begreift man

»Ja, liebe Genossen und Genossinnen, hier im Gefängnis begreift man besser, als draußen, wie notwendig die Rote Hilfe ist … Aber die Ihr draußen seid, Ihr habt noch die Freiheit – und mancher kann nicht sagen, wie lange noch … Euch mochte ich bitten … «
Da möchte ich mitbitten.
Die zitierten Sätze stammen aus dem rührenden Brief eines Arbeiters, Georg Keisinger; die >Rote Hilfe< hat ihn veröffentlicht.
Über meinem Schreibtisch hängt ein Bild. Drei Sträflinge sind darauf zu sehn. Und darunter steht: »Wir erwarten, daß ihr für uns kämpft, wie wir für euch gekämpft haben.«
Sechstausend sprechen heute so – mehr als sechstausend. Ich halte es einfach für eine Dankesschuld an diese Männer und Frauen, daß wir helfen, so gut wir können. Hier hilft vor allem Geld.
Die Rote Hilfe stellt den Leuten Anwälte, wenn es noch nicht zu spät ist. Sie sendet ihnen Liebesgaben ins Gefängnis. Sie hilft den Familien weiter, die von diesen juristischen Verwaltungsmaßnahmen am schlimmsten getroffen werden. Über manches wäre vielleicht zu streiten. Aber ich meine, man sollte aus einer Solidarität helfen, die da bekundet:
Was ein deutscher Richter an sogenannten entehrenden Strafen verhängt, ist für uns nicht einmal eine Ehre – es ist gleichgültig. Gleichgültig seine Meinung über Landesverrat-, gleichgültig seine feinen Unterschiede zwischen Überzeugungsattentätern und gemeinen Verbrechern –: was hier ausgekochten wird, ist ein Teil jenes großen Kampfes, der heute quer durch die Völker geht. Und zum Kriegführen gehört Geld.
Reich sind wir alle zusammen nicht. Aber hier zehn Mark und da zehn Mark, es summiert sich. Und es macht die besten Vorkämpfer unsrer Sache stark. Die Geber sind in Freiheit. Wie lange noch, hat der Arbeiter gefragt. Er hat ganz recht: wie lange noch? Bis zur nächsten Notverordnung?
Man kann für etwas geben. Man kann aber auch gegen etwas geben. Gebt bitte Mann für Mann und Frau für Frau ein paar Mark gegen diese Richter und für unsre Gesinnungsfreunde!

Kurt Tucholsky
Die Weltbühne, 15.12.1931, Nr. 50, S. 902.

Dieser Text von 1931 ist leider nach wie vor aktuell.
Da wir das nicht besser ausdrücken können, greifen wir auf einen Text zurück.
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